Schutz bei Rückgriff durch den Factor trotz regresslosem Forderungsverkauf
Hamburg, 27.11.2024 – Factoring ist eine effektive Finanzierungsmethode, bei der Unternehmen offene Forderungen an einen Factor verkaufen und im Gegenzug sofortige Liquidität durch eine Vorauszahlung erhalten.
Factoring stärkt die Liquidität und minimiert das Risiko von Zahlungsausfällen. Häufig übersehen wird dabei jedoch das Risiko der Insolvenzanfechtung. Eine Insolvenzanfechtung kann dazu führen, dass bereits gezahlte Beträge, die der Factor an den Forderungsverkäufer (Factoring-Kunde) geleistet hat, vom Insolvenzverwalter des Schuldners zurückgefordert werden.
Im Fall der Insolvenz eines Schuldners hat der Insolvenzverwalter nach deutschem Recht (gemäß §§ 129 ff. der Insolvenzordnung, InsO) die Möglichkeit, Handlungen anzufechten, die kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden. In vielen europäischen Ländern gibt es analoge Regelungen, sodass die Insolvenzanfechtung kein Thema darstellt, das nur die deutsche Rechtsprechung betrifft. Ziel der Anfechtung ist es, Zahlungen rückgängig zu machen, die bestimmte Gläubiger bevorzugen, um die Gläubigergleichbehandlung zu gewährleisten.
Besonders anfällig für die Insolvenzanfechtung sind Forderungen, die unter folgenden Bedingungen verkauft wurden:
1. Zeitliche Nähe zur Insolvenzanmeldung: Zahlungen, die innerhalb der letzten drei Monate vor der Insolvenzeröffnung geleistet wurden, unterliegen erhöhter Anfechtungsgefahr.
2. Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit: Wenn der Factor oder der Forderungsverkäufer wusste oder hätte wissen müssen, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist, steigt das Risiko der Anfechtung.
Für den Forderungsverkäufer ergeben sich durch die Insolvenzanfechtung mehrere Risiken:
1. Rückforderung der erhaltenen Zahlungen: Werden bereits beglichene Forderungen durch den Insolvenzverwalter des ursprünglichen Schuldners angefochten, so kann daraus ein berechtigter Anspruch auf Rückzahlung der über den angefochtenen Zeitraum bereits geleisteten Beträge resultieren. Oftmals wird der Factor diese Zahlungen dann vom Forderungsverkäufer zurückverlangen, sofern der Vertrag keine anderweitigen Regelungen vorsieht.
2. Gefährdung der Liquidität: Eine Rückforderung der ausgezahlten Beträge durch den Factor kann die Liquidität des Unternehmens (Forderungsverkäufer) erheblich belasten, insbesondere wenn das Unternehmen auf die erhaltenen Mittel angewiesen ist.
Diese Risiken sollten nicht unterschätzt werden, doch noch sinnvoller ist es, sie aktiv herabzusetzen, was durchaus möglich ist.
Um das Risiko der Insolvenzanfechtung zu minimieren, sollten folgende Maßnahmen in Betracht gezogen werden:
1. Vertragsgestaltung: Der Factoring-Vertrag sollte klare Regelungen zur Haftung im Fall einer Anfechtung enthalten. Es kann sinnvoll sein, Klauseln zu verhandeln, die die Rückforderungsansprüche des Factors beschränken. Die Bereitschaft des Factors, entsprechende Klauseln im Interesse des Forderungsverkäufers aufzunehmen, ist leider erfahrungsgemäß außerordentlich gering.
2. Insolvenzanfechtungsversicherung: Eine zusätzliche Versicherung gegen Insolvenzanfechtungen kann das finanzielle Risiko für den Forderungsverkäufer erheblich reduzieren. Diese Versicherung greift im Fall einer Rückforderung durch den Factor und schützt so die Liquidität des Unternehmens.
Das Risiko der Insolvenzanfechtung ist auch im Factoring ein wesentlicher Aspekt und darf nicht unterschätzt werden. Ohne geeignete Schutzmaßnahmen kann es zu erheblichen finanziellen Belastungen für den Forderungsverkäufer kommen. Eine entsprechende Vertragsgestaltung und/oder eine Insolvenzanfechtungsversicherung bieten wirkungsvollen Schutz vor den potenziellen Rückforderungen und tragen zur Stabilität der Unternehmensliquidität bei.
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